Nach zweiwöchiger Pause melde ich (Jonathan Groeneveld) mich als Host von “1-2-3” zurück. Leider gab es diese Woche wirklich viele Verletzungen. Jimmy G. ist bei den 49ers für die Saison raus, was die Aktien auf einen Super Bowl Run stark mindert. Bei der offenen NFC waren die 49ers hier in einer sicherlich guten Lage. Wie geht es dort jetzt auf Quarterback weiter?
Eine weitere Verletzung ist die von Lamar Jackson, wobei dieser aber vermutlich nicht den Rest der Saison ausfallen wird. Aber was bedeutet dies für die sowieso schon strauchelnde Ravens Offense? Diese und mehr Fragen beantworte ich (@JonaGroe89) heute mit René Jaschko (@airjoTNDAC).
Die 49ers verlieren mit Jimmy Garoppolo nun auch ihren zweiten Quarterback. Was können die 49ers diese Saison erreichen?
Jonathan Groeneveld: Unfassbar bittere Verletzung für die 49ers. Die Verletzung von Trey Lance war schon sehr unglücklich, aber da sie mit Garoppolo wohl den besten Back Up der Liga hatten, war es verschmerzbar. Garoppolo hatte schon bewiesen, dass er gut in der Offense funktioniert. Jetzt fällt er auch aus und die 49ers haben jetzt ein Problem, was jedes andere Team auch hätte. Auf QB3 ist halt selten noch Tiefe vorhanden. Brock Purdy hat es nach der Übernahme gut gemacht, aber realistisch gesehen hat er seine Limitierungen. Positiver Aspekt ist, dass in der Offense von Kyle Shanahan auch mit einem unterdurchschnittlichem Quarterback etwas möglich ist. Er hat immer auch Nick Mullens gut aussehen lassen.
2-3 weitere Siege brauchen die 49ers noch, um recht sicher in die Playoffs zu kommen. Das ist bei einem Restschedule mit Buccaneers, @Seahawks, Commanders, @Raiders und Cardinals durchaus machbar. Auch mit Brock Purdy auf Quarterback. Der Rest des Teams ist weiter heiß. Wie die Defense gegen die Dolphins Tua limitiert hat, war stark. Beim Gewinn der Division könnte es gegen die Giants, Commanders oder Seahawks gehen. Auch das wäre sicher nicht unmöglich. Spätestens gegen die Cowboys oder Eagles sehe ich dann allerdings geringere Chancen. Klar ist aber auch: Die 49ers Defense kann an einem guten Tag ein Spiel gewinnen, die Offense darf es dann nur nicht verlieren.
Mittlerweile ist bekannt, dass Garopollo wohl doch keine OP braucht und eventuell zu den Playoffs zurückkommen kann. Wie fit er dann wirklich ist, muss man schauen. Wäre aber natürlich eine Chance für die 49ers.
René Jaschko: Viel bitterer hätte es für die 49ers tatsächlich nicht kommen können. Nach einem etwas holprigen Start konnte man zuletzt fünf Spiele in Folge gewinnen und dabei vor allem defensiv richtig dominieren. Diese Dominanz wird auch in den nächsten Wochen nötig sein, wenn das Team mit dem Third String QB noch die Playoffs erreichen will. Es gibt vermutlich keine bessere Offense für einen jungen Quarterback wie Brock Purdy. Aber in ein paar Wochen werden die Gegner auch genug Tape von ihm haben, um dem Siebtrundenpick das Leben richtig schwer zu machen. Ich rechne damit, dass für San Francisco spätestens in der zweiten Playoff-Runde die Saison zu Ende geht.
Die Arizona Cardinals haben diese Saison bisher enttäuscht. Kommt in der Offseason der große Umbruch?
Jonathan Groeneveld: Tja, was soll ich sagen? Ich hatte die Cardinals vor der Saison ja sogar als Divison Sieger. Es ist schon frustrierend zu sehen, was aktuell in Arizona abgeht. Für mich kommen hier mehrere Faktoren zusammen. Auf zwei möchte ich etwas genauer eingehen.
Einmal die Verletzungen. Die Cardinals haben dieses Jahr einfach großes Verletzungspech. Wenn beispielsweise regelmäßig große Teile der Offense Line ausfallen, dann wird es für jedes Team schwer. So viel Qualität ist dort dann einfach nicht mehr vorhanden. Dazu kam zu Saisonbeginn noch die Sperre von Hopkins. Murray war auch zwei Spiele raus, so bekommt ein Team auch keine Konstanz rein.
Punkt 2 ist für mich weiterhin das Coaching. Ich habe mich bereits letzte Saison teilweise kritisch zu Kingsbury geäußert. Eine wirkliche Besserung gab es nicht. Weiterhin erkenne ich offensiv keinen klaren Plan und viel kommt auf die individuelle Qualität der Receiver und Murray an. Wenn diese sich mit ihrer individuellen Qualität mal nicht durchsetzen können, dann bekommt die Offense direkt Probleme. Das Offense Scheme bietet einfach keine wirklichen Lösungen an. Es gibt auch bereits Gerüchte um Sean Payton bei den Cardinals.
Einen kompletten Umbruch brauchen die Cardinals meiner Meinung nach nicht. Mit Murray haben sie ihren Franchise Quarterback gefunden und müssen diesem jetzt einen neuen Coach zur Seite stellen. Damit sind sicher nicht alle Probleme gelöst, aber wenn an ein paar Stellschrauben gedreht wird, dann sind die Cardinals wieder klarer Playoff Kandidat. Und in den Playoffs ist immer alles möglich.
René Jaschko: Im Gegensatz zu Jonathan war ich bei den Cardinals von Beginn an skeptisch. Das fängt schon bei der Kaderzusammenstellung an, betrifft aber vor allem das Coaching. Natürlich spielen auch die vielen Verletzungen eine große Rolle, aber beim offensiven Scheme ist weder Fortschritt noch irgendein Plan erkennbar. Kliff Kingsbury geht in seine vierte Saison als Head Coach und noch immer lebt die Offense überwiegend von Kyler Murrays Scrambles.
Ich weiß wirklich nicht, wie man den Fans in Arizona eine weitere Saison mit Kingsbury verkaufen will. Auch Steve Keims Posten sollte in der Off-Season zur Diskussion stehen. Umso bitterer ist die Tatsache, dass man mit den beiden und Kyler Murray vor der Saison langfristig verlängert hat. Aus diesem Grund befürchte ich, dass der nötige Umbruch ausbleibt, womit man ein weiteres Jahr Mittelmaß in Arizona einfach hinnehmen würde.
Die Ravens Offense tut sich seit Wochen schwer. Jetzt hat sich Lamar Jackson verletzt. Wie geht es in Baltimore weiter?
Jonathan Groeneveld: Ich muss jetzt aufpassen nicht zu ausführlich zu werden und versuche mich auf vier Punkte zu beschränken.
Ich fange an mit den Verletzungen. Erneut gibt es einen Haufen Verletzungen und es sollte vernünftig aufgearbeitet werden, woran das liegt. Falsches Training? Falsche Betreuung? Einfach nur Pech? Alles ist möglich, aber diese Häufung an Verletzungen ist schon nicht mehr normal. Wenn ich mir die Verletzungen aber anschaue, dann komme ich eher zum Punkt des Pechs, denn viele der schwereren Verletzungen können kaum auf falsches Training oder ähnliches zurückgeführt werden. Intern gibt es dort aber sicher mehr Informationen und das wird sicher auch analysiert.
Weiter geht es mit Lamar Jackson. Ich bin nach wie vor von Lamar Jackson überzeugt und zu Saisonbeginn hat er sehr stark gespielt. Lamar Jackson ist ein Franchise Quarterback und ich würde ihn gerne weiter bei den Ravens sehen. Komplett frei von Schuld kann ich ihn auch nicht sprechen, aber für mich ist er eher ein Opfer der Situation, als das er die aktuelle Situation zu verantworten hat. Wie gerne würde ich Lamar Jackson mit einem neuen Offense Coordinator sehen, damit komme ich zu Punkt zwei…
Schuldig ist für mich Greg Roman und mit Abstrichen auch John Harbaugh (auch wenn ich es ungerne schreibe). Ich habe vor dieser Saison leider keine Preview schreiben können, aber verweise gerne auf die Preview vor der letzten Saison. Bereits dort war ich mir sehr unsicher, ob Greg Roman noch die Lösung sein kann. Zu unflexibel und zu wenig Kreativität war in den Playcalls zu erkennen. Greg Roman hat im MVP Jahr von Lamar Jackson eine herausragende Offense kreiert, auf die viele Defenses lange keine Antwort gefunden haben. Das kann und will ich ihm auch nicht absprechen. Er hat es aber nie geschafft diese Offense weiter zu entwickeln. Die Schwächen gibt es nicht erst seit gestern und natürlich helfen die Verletzungen nicht, um Konstanz reinzubringen, aber ich sehe einfach keine wirkliche Entwicklung in der Offense, die mir Hoffung machen würde.
Warum habe ich John Harbaugh genannt? Er ist verantwortlich für seinen Coaching Staff. Die Kritik an Roman ist nicht neu und trotzdem ist nichts passiert. Ich weiß nicht, ob intern andere Versprechungen gemacht wurden, aber es ist offensichtlich, dass die Zeit von Greg Roman abgelaufen ist. Wenn Harbaugh weiter an ihm festhalten will, dann sollte auch sein Name zur Disposition stehen, auch wenn ich den Gedanken nicht mag.
Schlussendlich finde ich auch, dass Eric DeCosta hinterfragt gehört. Ich bin absolut überzeugt von EDC und bin weit weg davon seinen Kopf zu fordern. Gleichzeitig muss man aber die Kaderplanung hinterfragen. Hollywood Brown für einen First Round Pick abzugeben war ein No Brainer. Für keinerlei Ersatz zu sorgen eine Katastrophe. Und genau hier muss da Dreieck EDC – Harbaugh – Roman genauer und kritisch beäugt werden. Dies ist nichts, was wir von außen können. Was war der Plan? Warum hat er nicht funktioniert? Ich will hier eine kritische Aufarbeitung und keine blöden Floskeln. Die Zeit von Lamar Jackson unter dem Rookie Vertrag hat man nun “vergeudet”. Jetzt gilt es an den richtigen Stellschrauben zu drehen.
Durch den leichten Schedule werden die Ravens wohl die Playoffs schaffen. Große Chancen sehe ich da aber nicht mit der aktuellen Offense. Lamar Jackson ist vermutlich 1-3 Wochen raus. Mal schauen, wie es bei seiner Rückkehr aussieht. Viel wichtiger als die Playoffs ist mir aber seine Vertragsverlängerung und die interne kritische Aufarbeitung. Denn nur so können die Ravens in den nächsten Jahren wieder angreifen.
René Jaschko: Als neutraler Beobachter betrachte ich die Ravens weit weniger kritisch als Jonathan, der als Fan des Teams natürlich einen ganz anderen Bezug zu dem Thema hat. In Baltimore wird seit Jahren ein gute und erfolgreiche Franchise geführt. Daran würde sich in meinen Augen auch nichts ändern, falls die verletzungsgebeutelten Ravens die Playoffs doch noch verpassen sollten.
Damit rechne ich aber nicht. Das Rennen um die Playoffs in der AFC wird sicherlich eng, aber bei dem verbleibenden Schedule haben es die Ravens selbst in der Hand. Während die Bengals maximal noch auf einen ausgeglichenen Divisionsrecord kommen können, steht Baltimore dort bereits 2-0 und hat noch beide Duelle gegen die Steelers vor sich. Solange Lamar Jackson nicht länger als angedeutet ausfällt, sollten die Ravens die Postseason erreichen.
Natürlich gibt es Auffälligkeiten, die die Franchise in der Off-Season angehen muss. Die Offense hat sich in diesem Jahr häufiger schwer getan. Das liegt unter anderem auch an der notorisch schlechten Besetzung bei den Receivern. An dieser Stelle sollte die Kaderplanung hinterfragt werden. Zudem bleiben die mehrfach verspielten, hohen Führungen im Gedächtnis. Das Team muss hier noch an der Konstanz und Kaltschnäuzigkeit arbeiten.
Die Zukunft steht und fällt natürlich mit Lamar Jackson. Die wechselhaften Leistungen und seine Verletzung könnten den Ravens bei den Vertragsverhandlungen zwar in die Karten spielen, dennoch müssen sie dafür Sorge tragen, diese Personalie schnellstmöglich zu klären. Ein Streik oder sogar ein Abgang von Jackson würde die Franchise um Jahre zurückwerfen. Aber auch damit rechne ich nicht. Ich glaube daran, dass man sich mit dem Quarterback einigen und die gute Arbeit in Baltimore fortsetzen kann.