1 Spieltag – 2 Autoren – 3 Fragen – Week 13

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Wo ist nur die Zeit geblieben? 2/3 der Regular Season sind bereits vorbei, es geht mit schnellen Schritten in den Endspurt. Theoretisch können sich noch alle 32 Teams für die Playoffs qualifizieren. Selbst die Texans! Praktisch können wir einem großen Teil der Liga aber schon einen frohen Januar-Urlaub wünschen.

Dieser Urlaub beinhaltet natürlich auch die Planung für das kommende Jahr. So mancher aktuelle Head Coach den Black Monday nicht überstehen und auch in der Quarterback-Frage haben einige Mannschaften noch Niemanden unter Vertrag oder (berechtigte?) Zweifel am aktuellen Amtsinhaber. Selbst Teams die noch im Rennen um die Playoffs sind, haben große offene Fragen hinsichtlich der kommenden Off Season.

In dieser Woche gehen Jessica Fehlhaber und Benedikt Jakobi den angesprochenen Themen nach.

Haben wir in Woche 12 den letzten Start von Zach Wilson bei den Jets gesehen?

Benedikt: Ich denke, diese Schlussfolgerung wäre etwas verfrüht. Die nächsten beiden Wochen wird Mike White gesetzt sein. Wenn er aber in diesen Spielen schlecht spielt, ist das Duell für den Endspurt der Saison wieder völlig offen. Und dieses Szenario ist nicht völlig aus der Luft gegriffen. Auch letztes Jahr hatte White ein brutales Stinker-Spiel gegen die Bills mit 4 Interceptions, nach welchem er wieder auf der Bank Platz genommen hat. Das ist auch völlig okay so. Mike White ist nicht Patrick Mahomes und es gibt einen Grund, warum er noch nie als Starter in eine Saison gegangen ist.

Nach meinem Empfinden waren Wilsons Kommentare in der Pressekonferenz nach seinem letzten Spiel als Starter noch mehr der Grund ihn zu benchen, als die rein sportliche Leistung. Dafür hat er von Saleh einen disziplinarischen Denkzettel bekommen. Wenn er den abgesessen hat, er sich mental einmal resetten konnte und er im Training sportlich Fortschritte zeigt, würde ich ihn noch nicht abschreiben. Es würde mich also nicht komplett aus den Socken hauen, wenn White seine Performance vom Wochenende nicht eins zu eins wiederholen kann und Wilson nach seiner Denkpause diese Saison noch einmal startet.

Spannender ist die Frage, ob und wie es mit Wilson in 2023 weitergeht, aber lest meine Meinung dazu in Frage 3…

Jessica: Es wäre natürlich eine Überraschung, wenn Mike White nun dauerhaft ein überdurchschnittliches Niveau abruft. Letztlich ist White ein kleinerer Heinicke, der mal richtig Wirbel machen kann, solange es nicht auf ihn ankommt. Dennoch sehe ich keine Rückkehr von White. Einen ehemaligen 2nd Overall abzusägen ist nicht leicht, bei solchen Entscheidungen möchte ja auch der Owner mitsprechen. Hier betrifft es dann noch eine Franchise, die seit Jahren arge Probleme hat irgendeine Form von Stabilität auf der Quarterback-Position zu bekommen. Daher denke ich, dass die Aussagen Wilsons der letzte Tropfen waren, der das Fass zum überlaufen brachte. Das letzte bisschen, mit dem man auch die anderen Entscheidungsträger auf seine Seite holen kann.

Die Zukunft heißt aber weder Wilson noch White. Letzterer könnte sich bei okayen Leistungen aber für eine längerfristige Backup-Rolle empfehlen.

Ob Lovie Smith, Nathaniel Hackett oder Todd Bowles, viele Coaches sind schon im ersten Jahr angezählt. Berechtigt oder braucht es mehr Geduld?

Benedikt: Ich finde die Kritik an allen drei Coaches gerechtfertigt. Klar, Lovie Smith hat bei den Texans wenig Talent zur Verfügung. Aber Coaches wie Brian Daboll bei den Giants oder Arthur Smith bei den Falcons machen viel mehr aus ähnlichem Material. Smith muss sich also schon die Kritik gefallen lassen, dass sein Team nicht kompetitiv auftritt. Bezeichnend der Kommentar von Brandin Cooks nach dem Spiel gegen die Dolphins, dass das Spiel eigentlich zu dem Zeitpunkt gelaufen war, als sie das Feld betreten haben. Das spricht schon dafür, dass Smith den Locker Room nicht gewinnen konnte und was ist dann der Wert ihn noch länger zu halten?

Nathaniel Hackett und Todd Bowles machen beide viel zu wenig aus eigentlich talentierten Teams. Hackett steht dabei zurecht noch mehr in der Kritik, da er als offensiver Head Coach die so ziemlich enttäuschendste Offense dieser Saison coacht. Er schafft es überhaupt nicht mit Russell Wilson auf eine Wellenlänge zu kommen. Nebenbei vermasselt er so ziemlich alles, was In-Game-Coaching angeht. Die Situation in Denver könnte richtig hässlich werden, wenn man sieht, wie Wilsons Cap Hit für die nächsten Jahre aussieht. Die Broncos haben sich zu ihm als ihrem Quarterback committet. Hackett muss also in den letzten Spielen beweisen, dass er Wilson coachen kann, sonst wird es eng für ihn.

Bowles sind ebenfalls seltsamer Umgang mit Clock Management und das dogmatische Festhalten an der Offense anzukreiden. Er ist natürlich ein defensiver Head Coach, aber er stärkt Offensive Coordinator Byron Leftwich wiederholt den Rücken und sieht keine Notwendigkeit zur Anpassung der Offense. Bei den Bucs wird es auf Grund der schwachen NFC South wahrscheinlich für die Playoffs reichen und mit Blick auf 2023 ist sowieso die Frage, ob Brady bleibt spannender als die Frage nach Bowles. Insgesamt ist aber auch hier die Kritik am Head Coach gerechtfertigt.

Grundsätzlich vertrete ich die Meinung, dass man neuen Head Coaches Zeit geben sollte. Oftmals haben diese ja auch im ersten Jahr nicht ihre Wunsch-Spieler beisammen, außerdem sind Teams mit neuem Head Coach selten im oberen Drittel, was Talent angeht. Zeigen Coaches also, dass sie mehr aus schlechten Teams herausholen können oder dass sie schematischen Mehrwert bringen, wären mir Records im ersten Jahr recht egal. Hackett und Bowles sind hier aber Ausnahmen. Die Broncos und Bucs sind keine Teams, wo man etwas über die nächsten 2-4 Jahre aufbauen möchte, sondern es sind Teams, die vor der Saison als Contender galten. Und wenn man bei solchen Teams so enttäuschende Resultate und so wenig überzeugendes Coaching sieht, ist es absolut gerechtfertigt Coaches nach einem Jahr zu entlassen. Reelle Super Bowl Fenster sind selten und sie sind kurz. Man hat keine Zeit, sie für nachteiliges Coaching zu verschwenden.

Jessica: Natürlich braucht ein Coach Zeit um seine Ideen umzusetzen. Gerade wenn sie mit mittel- bis unterklassigen Quarterbacks arbeiten müssen oder keine Wunschlösungen bei den Koordinatoren und Assistenten bekommen. Aber manchmal geht auch etwas einfach schief und braucht keine Verschlimmbesserungen mehr. Todd Bowles ist kein guter Head Coach, das zeigte sich schon in seiner Zeit bei den Jets.

Der Versuch einen Vertrauten von Erfolgscoach Bruce Arians zu nehmen war verständlich, aber Bowles ist halt rein defensiv denkend. Die Offensive ist unangenehm anzusehen, ein Laufspiel existiert quasi nicht. Dabei ist die O-Line nicht so schlecht gewesen, wie sie dargestellt wurde. Ja, es gab Ausfälle, aber so einige Units der Liga waren viel schlechter und bieten ein funktionierendes Lauf- und Passspiel. PFF platzierte die Bucs-Line vorige Woche, vor der Wirfs-Verletzung in der Top 10! Irgendwie fragt man sich schon was Byron Leftwich eigentlich macht, wenn es weder ein Laufspiel gibt, noch eine halbwegs spannende Pass Offense. Brady hat zwar spürbar abgebaut, aber da sind trotzdem zwei überdurchschnittliche Wide Receiver in Evans und Godwin…

Hackett ist für mich Topfavorit auf eine Entlassung, sogar vor dem Black Monday. Es ist möglich, dass die Broncos sich mit Wilson einen Spieler ans Bein gebunden haben, der sportlich absolut done ist. Jedenfalls versprühen seine Leistungen nur wenig Grund zu Optimismus. Aber Hackett wirkt nicht als könne er da irgendwie gegensteuern, irgendeine andere Idee finden. Und wir reden auch noch immer von einem Russell Wilson und nicht Carson Wentz. Dazu kommt eben die Situation um den Broncos-Verkauf. Die neuen Besitzer haben keinerlei Verbindung zu Hackett, müssten keinen Gesichtsverlust hinnehmen, wenn sie etwas tun. Die Kombination Hackett-Wilson wird mit großer Wahrscheinlichkeit nichts mehr erreichen und an den ehemaligen Seahawks-QB ist man finanziell noch lange gekettet.

Bei Lovie Smith habe ich schon vor dem Saisonstart damit gerechnet, dass er nur ein Übergangsjahr bekommt. Genauso wie bei Davis Mills, bei dem einfach auch niemand außerhalb von Houston ein Starter-Potential sieht. Beide verwalten am Ende eine Tanking-Saison. Aber auch nach dieser sind die Texans meiner Meinung nach noch weit davon entfernt schnell auf die Beine zu kommen – auch ein First Overall QB braucht Support. Aber die Chance auf den Wunsch-QB sollte die Texans zumindest für einen neuen Head Coach attraktiv machen. Allerdings braucht es dann auch mal eine langfristige Idee und nicht den nächsten Verwalter im Rentenalter. Und eine passende Kaderplanung.

Ein Blick aufs QB-Karussell 2023: Was wird aus Jimmy G, was machen die Giants mit Daniel Jones’ auslaufendem Vertrag,…?

Benedikt: Starten wir, wie bei Frage eins angedeutet, mit den Jets. Die Jets haben viele gute junge Spieler. Sie können eine Top Defense sein und haben bereits ein spannendes Waffenarsenal aufgebaut. Die Offensive Line ist nicht ideal, aber auch nicht verheerend. Coaching und Scheme wirken überzeugend. Fehlt ein Quarterback, der das ganze orchestrieren kann. Der dabei nichts verrücktes macht, sondern das umsetzt, was da ist… Geht das nur mir so, oder könnte ich in dieser Beschreibung einfach Jets durch 49ers austauschen? Die Parallelen springen einen geradezu an. Von daher halte ich es für absolut realistisch, dass sich die Jets in der Offseason sehr um Garoppolo bemühen werden. Offiziell wird es dann ein Camp Battle zwischen ihm und Zach Wilson, aber ich sehe Garoppolo schon als Jets Starting Quarterback in Week 1 2023 vor mir.

Die Giants sind etwas schwieriger. Sie werden vermutlich im Draft zu spät picken, um einen der Top Quarterbacks zu bekommen. Und um aggressiv einen Veteran zu verpflichten ist das Team noch nicht weit genug. Sprich, ein Bridge Quarterback muss her. Und wer könnte das besser als Daniel Jones? Ist Jones schlechter als ein Spieler á la Carson Wentz, Jared Goff oder Jameis Winston? Ich denke nicht. Ich halte es also für realistisch, dass Jones noch länger in Big Blue bleibt. Was für ein Vertrag dabei herausspringt, wird die spannende Frage. Der Franchise Tag dürfte zu teuer sein, vielleicht kann man sich mit Jones auf den Jameis Winston Vertrag bei den Saints (2 Jahre, 28 Millionen Dollar, 15 davon garantiert) einigen.

Wen sehe ich noch als potenziellen Kandidaten auf dem Quarterback Karussell? Je nachdem wie früh die Raiders picken, könnte ich mir hier einen Rookie Quarterback und den Abgang von Derek Carr vorstellen. Der wäre dann ebenfalls für die Jets mehr als interessant. Neben Garoppolo und Carr glaube ich noch nicht an viel Movement innerhalb der Top 20 Quarterbacks. Kirk Cousins dürfte nicht zur Debatte stehen, außer die Vikings-Formkurve legt eine 180-Grad Wende hin. Ryan Tannehill und Geno Smith haben ein hohes Standing in ihren Teams. Ich kann mir des Weiteren noch nicht vorstellen, dass die Packers Aaron Rodgers ziehen lassen werden, nachdem sie ihm erst vor der Saison die Verlängerung gegeben haben. Ist allerdings eine ziemliche Spekulation, da auch viel darauf ankommen wird, was Rodgers für die Zielgerade seiner Karriere möchte.

Auf den unteren Plätzen des Quarterback Rankings sollte mehr Bewegung reinkommen. Goff, Wentz/Heinicke, Mills, Ryan, Dalton/Winston, Darnold/Mayfield/Walker (oh boy, Panthers…) sehe ich alle nicht als Starter in 2023. Wer sie ersetzt, wird spannend und ist noch nicht abzusehen. Auch kommendes Jahr wird es wieder überraschende und wilde Wechsel für diese Positionen geben, bereitet also schon mal das Popcorn vor!

Jessica: Wie Benedikt sehe ich die Jets als eine der attraktivsten Teams für einen anderen QB an. Das Team braucht eigentlich nur noch einen Gamemanager. Keinen super dominanten Alleskönner, sondern einfach jemand der möglichst keine Fehler macht, aber auch mal Big Plays hinlegt. Garoppolo klingt wie der ideale Kandidat, zumal er und HC Robert Saleh sich ja schon von den 49ers kennen. Zach Wilson sehe ich jedenfalls, wie oben erwähnt, in keiner Zukunftsdiskussion der Jets mehr.

Die Frage ist halt ob die 49ers Jimmy G dann wirklich abgeben wollen? Bleibt man bei seinem Versuch mit Trey Lance? So bitter es ist, Lance hat in 3 College- und 2 NFL-Jahren nur 21 Starts gehabt. Er kommt ins dritte Jahr und in seiner Evaluierung dürften die 49ers noch nicht sonderlich weit gekommen sein. Zumal das Team sicherlich noch ein paar Saisons im Titelfenster bleiben möchte.

Sollten die Jets da leer ausgehen wäre Derek Carr wohl der nächste Kandidat. Wenn die Raiders einen QB picken sollten wäre Carr zu wertvoll um ihn als Lame Duck QB einzusetzen. Abseits der beiden könnte ich mir noch Tannehill vorstellen, auch wenn ich da schon einen rapiden Qualitätsverlust gegenüber den beiden anderen sehe. Letzter Name für die Jets: Daniel Jones. Ja, Umzug innerhalb der eigenen Stadt. Jones könnte ich mir als Übergangslösung durchaus vorstellen, würde in ein lauflastiges Spiel um Hall, Carter,… passen. In einem engen Schema macht er wenig grobe Fehler. Aber auch die Giants brauchen ja irgendwen und der Draft Spot könnte nicht reichen für einen aus der Day One Ready-Kategorie. Nur weiß ich nicht ob man Jones da mehr als ein weiteres Jahr geben wollen wird. Auch wenn das diese Saison gut funktioniert, hat es so ein bisschen den Anschein als würde Jones seinen HC ausbremsen..

Bei den anderen angesprochenen Kandidaten könnte ich mir in 1-2 Fällen noch eine Übergangszeit vorstellen. Die Lions könnten einen QB-Pick mehrere Wochen hinter Goff parken, die Colts werden für Matt Ryan kein Angebot mehr bekommen. Mangels Erstrundenpick werden auch die Saints irgendwen finden müssen. Da könnte ich mir vorstellen, dass mich mit einem der “gescheiterten” versucht oder Dalton noch ein Jahr hält. Vielleicht versucht sich ja noch jemand anderes an Zach Wilson? Oder gibt Jordan Love eine Chance?

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