NFL Draft Vorschau 2021: Defensive Backfield

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Während die „Front Seven“ meist eigentlich nur noch eine „Front Six“ ist, hat das Defensive Backfield zunehmend an Bedeutung gewonnen. Mittlerweile spielen NFL-Defenses überwiegend mit mindestens einem fünften Spieler in der Passverteidigung, sei es ein dritter Cornerback oder ein dritter Safety.

Um diese wichtigen Positionen soll es in der heutigen – und letzten – Draft-Vorschau gehen. Jonas Stärk (@JonasStaerk) und Jan Weckwerth (@giannivanzetti) beantworten die Fragen von Thomas Psaier (@sidelinerep).

#1 Wir beobachten eine Tendenz zu immer kleineren Receivern, aber etwas größeren Cornerbacks als früher. Wie kommt das?

Jan Weckwerth: Ich habe den Eindruck, dass es sich dabei oftmals um Wellenbewegungen handelt, die nicht ganz eindeutig ablaufen. So haben wir bei den Receivern ja in den letzten Jahren auch einen Trend zu Big Slot Receivern gehabt, die der typischen Slot-Statur so gar nicht ähnelten. Zudem traut man vielen kleineren Receivern weniger eine Outside-Rolle zu. Dieses Jahr ist die Anzahl an größeren Cornerbacks in der Tat recht augenscheinlich. Tendenzielle Vorteile bestehen so am Catch Point, selbst wenn die Coverage nicht hauteng ist. Gegen die heutigen Kurzpass-Offenses mag darin ein Vorteil liegen. Allerdings hatten wir in den vergangenen Draftklassen mit unter anderem Denzel Ward und Jaire Alexander auch herausragende kleine CB-Prospects, die außen spielen können.

#2 Wie scoutet man überhaupt Defensive Backs, nachdem sie im Game-Tape so selten vollständig zu sehen sind?

Jan Weckwerth: Das geht letztlich nur vernünftig mit All-22 Tape, da das gesamte Play verfolgt werden kann und sich zudem mehr Aufschlüsse über Coverage-Zuständigkeiten zeigen. Problem ist, dass All-22 überhaupt erst seit einigen Jahren verfügbar ist und die Menge an jedwedem Tape diese Draftsaison leider eh gering ausfällt. Daher muss man sich notfalls eben mit Broadcast-Tape begnügen und entsprechend vorsichtigere Schlüsse daraus ziehen. Dies sollte übrigens generell gelten, da wir bei den meisten Prospects über nicht genügend Bildmaterial verfügen.

Jonas Stärk: Grundsätzlich gibt es kaum eine Position, wo All-22 Tape so wertvoll wäre wie für die DBs. Das macht den Prozess hier für viele schwierig. Trotzdem kann man natürlich bei kurzen Routen sehen, wie gut die DBs diese spiegeln können während man bei langen Routen den Speed kontrollieren kann, indem man schaut, ob der DB noch dran ist, sobald der Ball in die Nähe kommt. Ansonsten gibt es noch All-22 Breakdowns von einigen Experten. Das sind dann zwar oft nur einzelne Clips, aber es ist besser als nichts.

#3 Caleb Farley galt lange als bester Cornerback im Draft. Wie gut ist er, wenn wir seine Rückenprobleme ausklammern? Und wie dramatisch sind die Beschwerden für seinen Status?

Jan Weckwerth: Ohne Berücksichtigung seiner Rückenprobleme ist er für mich weiterhin der Cornerback mit dem höchsten Upside. Farley brilliert insbesondere aus Off-Coverage dank seiner sensationellen Schnellkraft, die es ihm erlaubt, blitzschnell vor den Receiver zu cutten oder kleinere Separation in wenigen Schritten auszugleichen. Als ehemaliger Receiver verfügt er über exzellente Ballskills. Er ist noch vergleichsweise neu auf der Position, allerdings waren die Fortschritte von Saison zu Saison enorm. Er benötigt noch leichte Verbesserungen in der Fußarbeit und muss etwas disziplinierter spielen. Wegen des Opt Outs mache ich mir eigentlich keine Sorgen.

Für die medizinische Evaluation bin ich nicht der richtige, da mir hier jegliche Kenntnisse fehlen und ich eh ungern Ferndiagnosen anstelle. Grundsätzlich sind solche Rückenprobleme gerade für Cornerbacks aber – um im anatomischen Bereich zu bleiben – nicht auf die leichte Schulter zu nehmen.

Jonas Stärk: Sportlich habe ich Farley etwa in einem Tier mit Patrick Surtain gesehen. Im Moment ist Surtain der komplettere und bessere Spieler, während Farley mehr Potenzial hat. Obwohl er seine College-Karriere als Receiver begonnen hat, erkennt man bei Farley nur sehr selten, dass er recht neu auf der Position ist. Er hat bereits eine erstaunlich gute Routen-Antizipation in Man-Coverage. Seine Athletik und Ball-Skills machen ihn zusätzlich besonders. In Zone hat er noch ein paar Unsicherheiten im Spacing, wobei er das mit seiner Athletik oft ausbügelt. Es ist schade, dass er bei Virginia Tech nur selten Press-Man spielen durfte, denn das könnte in der NFL seine stärkste Rolle sein.

Da der Rücken bei Farley leider ein wiederkehrendes Problem ist, wiegt das schon recht schwer. Ohne die Beschwerden hätte ich ihn knapp als CB1 gehabt. So denke ich aber, dass mindestens Patrick Surtain und Jaycee Horn vor ihm gehen werden.

#4 Patrick Surtain II: Komplettester Cornerback im Draft?

Jonas Stärk: 100% Zustimmung! Patrick Surtain ist technisch bereits extrem weit, spielte in Alabama bereits in vielen Coverage Konzepten und hat nur wenige echte Schwächen in seinem Spiel. Auch athletisch hat Surtain deutlich weniger Limitierungen, als ihm viele zugeschrieben hatten. Klar kann man fragen, wie weit er sich noch entwickeln kann. Allerdings bringt er einen sehr hohen Floor in die NFL.

Jan Weckwerth: Über schematische Variabilität könnte man streiten, aber Surtain ist für mich vor allem der fertigste Cornerback in der Draft – und einer der technisch weitesten der vergangenen Jahre. Die Position liegt ja in seiner Familie, und das merkt man ein wenig. Er hat unglaublich profilierte Press- und Bump & Run-Techniken, die ihn deutlich von allen anderen Cornerbacks abheben. Zugleich agiert er mit seinen Füßen und Hüften an der Anspiellinie derart geduldig, dass es fast schon wieder unspektakulär wirkt. Auch auf der Route gelingt es ihm mit nuancierten Bewegungen und Armeinsätzen, das Timing zwischen Receiver und Quarterback zu stören oder das Passfenster klein zu machen. Dazu ist er aktiv am Catch Point (wenngleich kein Ballmagnet) und ein richtig starker Tackler. Einziges kleines Manko: die nicht ganz ideale Explosivität auf den ersten zwei, drei Schritten nach einem Richtungswechsel, was insbesondere bei nach innen gehenden Routes auffällt. Dennoch: Für Press Man- und insbesondere Cover-3 Press-Teams sollte Surtain ein sofortiger produktiver Starter sein.

#5 Wie kann ein Gambler wie Jaycee Horn von so vielen Experten zum CB #1 gehypt werden?

Jan Weckwerth: Ich würde ihn weniger als Gambler und vielmehr als physisches Monster bezeichnen. Horn nervt Receiver vom ersten Schritt bis zum Catch mit sehr viel Körperkontakt. Dauernd stört irgendwo eine Hand oder ein Arm. Am Catch Point hatten selbst Spezialisten wie Auburns Seth Williams kaum eine Chance. Horn hat vielleicht noch nicht die ausgefeilteste Fußarbeit, aber dank seiner Top-Athletik und -Geschwindigkeit gute Anlagen für mehr. Er wird allerdings ein wenig Eingewöhnungszeit gebrauchen, da sein Spielstil in der NFL zu Flaggen führen wird. Wenn er das Greifen am Jersey etwas reduzieren kann, ohne seine Grundaggressivität zu verlieren, hat er ebenfalls ein turmhohes Potenzial.

Jonas Stärk: Vereinfacht gesagt: Die Menschen mögen Spaß und Jaycee Horn macht auf Tape verdammt viel Spaß. Besonders seine Physis wird von vielen geliebt, obwohl sie ihn wegen der anderen Regeln in der NFL in Schwierigkeiten bringen könnte. Ansonsten glänzt Horn mit einer guten Athletik und guter Übersicht und Spacing in Zone-Coverage. In Man-Coverage reagiert er hingegen oft zu langsam auf Richtungswechsel, was oft darin mündet, dass er seinen Gegner hält.

#6 So. Bitte um deine Top 3 Corner im Draft – einmal mit, und einmal ohne Berücksichtigung von Farleys Verletzung.

Jan Weckwerth: Ohne Verletzung Surtain, Farley, Horn – wobei Surtain und Farley extrem eng beieinander sind (und Horn auch nur knapp dahinter).

Wie erwähnt weiß ich nicht, wie schwer ich ein Verletzungsproblem gewichten soll, das ich nicht einschätzen kann. Wenn leicht: Surtain, Horn, Farley. Wenn schwerwiegender: Surtain, Horn, Greg Newsome.

Jonas Stärk: 1.) Surtain II 2.) Farley 3.) Horn. Ohne die Verletzung springt Farley hauchdünn auf Platz 1.

#7 Kann der kleine Asante Samuel nur Slot oder reicht das Gesamtpaket auch für Outside-Corner?

Jan Weckwerth: Ich vermute, dass es hierzu auch bei den NFL-Scouts unterschiedliche Meinungen geben wird. Aufgrund seiner starken Fußarbeit und Wendigkeit könnte Samuel für einige Teams außen in Betracht kommen. Ich denke da vor allem an Off Zone-Schemes, wie das bspw. die Eagles zeitweilig unter Jim Schwartz gespielt haben. Er gibt mir underneath (oder in Bail Coverage) aber etwas zu viel Raum frei und ist nicht der profilierteste Cornerback am Catch Point. Von daher sehe ich ihn etwas kritischer als andere. Immerhin hat man bei ihm mit der Eignung als Slot eine sehr gute Notfalloption.

Jonas Stärk: Ich sehe Samuel nicht als reinen Slot Corner. Seine besten Momente hat er in Off-Man-Coverage, wo seine Agilität am besten zur Geltung kommt. Er ist schnell genug, um Receiver Downfield zu covern. Außerdem hat er trotz seiner körperlichen Limitierungen oft seine Hände an den Ball bekommen. Er könnte in Base Defense außen Spielen und dann in Nickel nach innen rücken.

#8 Elijah Molden: Reiner Slot-Corner?

Jan Weckwerth: Ja, aber was für einer! Molden hat das Slot-Spiel geprägt wie kaum ein zweiter Defensive Back in den letzten Jahren. Ja, er ist klein, recht leicht, ist nicht übermäßig schnell und hat kurze Arme. Doch macht er einfach so unglaublich viel durch seinen Football-IQ, seine blitzschnelle Spielzugerkennung und sein Gefühl für Positionierung wett. Auf kleinem Raum spielt er mit großer Agilität und kann so schnell vor Routen schießen oder Blocks prophylaktisch umgehen. Er lässt sich kaum durch Motion oder komplexere Routenkombinationen verwirren, sondern ist stets an der richtigen Stelle. Als Tackler hat er natürliche Limitationen, doch auch in diesem Bereich vermochte er mich zu überzeugen. Einige Teams werden ihn sicherlich etwas nach unten graden, ich bin dagegen überzeugt.

Jonas Stärk: Da würde ich zustimmen und sehe absolut kein Problem daran. Nickel ist die neue Base Defense. Slot Cornerbacks sind dementsprechend Starter. Molden hat nicht die Physis, um Box Safety zu spielen und keine Erfahrung als Free Safety. Er ist agil genug, um Slot Receiver auf ihren Routen zu spiegeln, sehr sicher in Zone-Coverage und ein sehr guter Tackler im Open-Field. Somit besitzt er beste Voraussetzungen, um sich in einen sehr guten Slot Defender zu entwickeln.

#9 Wie sind die beiden Georgia-Corner zu bewerten: Der aggressive Eric Stokes und der boom-or-bust Prospect Tyson Campbell?

Jan Weckwerth: Ich habe Stokes über Campbell eingeordnet. Stokes verfügt über exzellente Athletik und echten Top-Speed, was ihm bei seinen leichten technischen Defiziten enorm hilft. Er wird vielleicht nie den Ästhetik-Preis für die flüssigsten Beinbewegungen gewinnen, aber war 2020 enorm produktiv und gerade bei vertikalen Pässen kaum zu bezwingen. Durch das System von Kirby Smart hat er viel Erfahrung in Press Man und Zone und überzeugt mich grundsätzlich in beidem. Sicherlich ein Upside-Pick, der gegenüber sehr wendigen Receivern zu Beginn Lehrgeld zahlen könnte, bringt aber baldiges Starterpotenzial mit.

Campbell ist vielleicht sogar der talentiertere der beiden. Er galt seinerzeit im Recruiting-Prozess neben Surtain als der absolute Blue Chipper. Ich sehe allerdings zwei größere Probleme mit ihm: Seine Instinkte sind insbesondere in Zone-Coverage nicht sehr ausgeprägt, so dass er zu viel reagiert oder schlicht falsche Entscheidungen trifft. Zudem ist sein Verhalten am Catch Point unterdurchschnittlich – auch und gerade bei enger Deckung. Er hat Probleme, den Ball zu lokalisieren und mit dem richtigen Timing zu spielen. Wenn er diese – wohlgemerkt größeren – Schwächen ausräumt, winkt enorm hohes Ceiling. Wie du schon sagtest: Boom or bust.

Jonas Stärk: Ich mag beide nicht besonders. Stokes bringt sich durch seine Aggressivität oft unnötig in Probleme und hat zudem Probleme mit schnellen Richtungswechseln. Klar, sein Speed wird ihn immer wieder retten. Dennoch ist der Raum für Fehler in der NFL schlicht geringer. Auch seine Instinkte sind fragwürdig. Seine vier Interceptions waren eher Glücksprodukte.

Auch Campbell fehlen die nötigen Instinkte. Er ist grundsätzlich beweglich genug, um Receiver zu spiegeln, reagiert aber oft zu langsam und zeigt kaum Antizipation für gegnerische Routen. Das zeigt sich auch darin, dass er seine Hände nur sehr selten an den Ball bekommt.

#10 Was übersehe ich bei Kelvin Joseph aus Kentucky: Head Case, keine Frage, doch ein so schneller SEC-Corner mit solchen Anlagen wird doch nicht umsonst fern der ersten Runde diskutiert?

Jan Weckwerth: Joseph hat in der Tat herausragende Anlagen, die sich in den Spielen bei Kentucky schnell offenbart haben. Das erste Problem liegt in der Anzahl der Spiele. Nach einem Jahr Backup bei LSU mit nur wenigen Einsätzen und dem Transfer hat er genau neun Spiele als College-Starter auf dem Buckel – bis er vor Ende der Saison den Opt Out wählte. Sein HC Mark Stoops reagierte etwas reserviert auf Nachfragen zu Joseph, wodurch zumindest zu vermuten ist, dass seine Attitude-Probleme nicht völlig verschwunden sind. Joseph bringt in punkto Footwork, Fluidität der Hüften, schnelle Richtungswechsel und Ball Skills extrem viel mit. Andererseits macht sich seine fehlende Erfahrung schon bemerkbar: Er ist zu sehr ein Gambler, der auf Pump Fakes des Quarterbacks hereinfällt oder auf kurze Routen und double Moves beißt. Bei tiefen Routen mit klarer Zuständigkeit ist er dagegen schon jetzt richtig gut. Er muss seinen Kopf klar bekommen und an seinem Footballverständnis arbeiten, dann bekommt man unter Umständen einen richtig guten Starter. Für mich die schwierigste Evaluation aller Cornerbacks dieses Draft-Jahrgangs.

Jonas Stärk: Neben den Problemen neben dem Feld sehe ich seine geringe Erfahrung in Man-Coverage als problematisch. Kentucky spielte fast ausschließlich Zone-Coverage in der vergangenen Saison. Zudem fehlen auch ihn noch Instinkte und Antizipation. Mit seiner Athletik reichte es in Kentuckys Zone-Defense, dass er sich auf ein reaktionäres Spiel verlassen konnte. In Man-Coverage gegen NFL Receiver wird das jedoch schwieriger.

#11 Was ist Shaun Wade passiert, dass er keine Rolle mehr in den Diskussionen um die höheren Runden spielt?

Jan Weckwerth: Shaun Wade spielte eine starke 2019er Saison als Slot-Corner und wollte sich nun für höhere Aufgaben als outside Corner empfehlen. Dieser Weg ist gerade bei den Buckeyes nicht ungewöhnlich, auf ähnliche Karrierepfade begaben sich unter anderem die späteren 1st rounder Gareon Conley und Jeff Okudah. Nur muss man feststellen, dass Wade außen riesengroße Probleme offenbarte. Zum einen ließ er sich von guten Route Runnern teils grotesk verladen (man frage einmal bei Clemsons Cornell Powell nach), zum anderen offenbarte er am Catch Point auch gegen schwächere Receiver große Probleme. Wade wird also voraussichtlich trotz guter Size und sehr langen Armen wieder nach innen rücken müssen. Aufgrund seines guten Tacklings sehen ihn einige als potenziellen Safety, doch mit solchen Projections tue ich mich von außen und ohne Bildmaterial immer schwer.

Jonas Stärk: 2020 ist passiert. Nachdem Okudah in die NFL ging, wurde Wade als Outside Cornerback eingesetzt und die Ergebnisse waren alles andere als vielversprechend. Ich sehe Wade als Slot-/Safety-Hybrid, aber sein Tape als Outside Cornerback wird viele abgeschreckt haben.

#12 Einen Corner darfst du mir noch schmackhaft machen. Bitteschön.

Jonas Stärk: Kaum ein Spieler hat so sehr unter seinem Opt-Out gelitten wie Tay Gowan. Der UCF-Cornerback ist für mich ein Top 100 Spieler, steht bei vielen Experten aber am Ende des dritten Tages. Gowan ist ein sehr guter, agiler Athlet, der trotz seiner Größe die Bewegungen gegnerischer Receiver gut spiegeln kann. Technisch hat er in Press-Man noch Probleme. Dennoch wird er viel niedriger gelistet, als er es verdient hat.

Jan Weckwerth: Ich wähle ebenfalls einen UCF-Corner mit Aaron Robinson. Ein Transfer von Alabama, der schon etwas auf der älteren Seite ist, was ihn fallen lassen dürfte. Ansonsten mag ich ihn mehr als die meisten anderen. Hat viel Erfahrung im Slot gesammelt, wäre ebenfalls für außen eine Option. Robinson bringt Top-Speed mit und ist auch ansonsten ein guter Athlet. Er beeindruckt durch aggressive und „sticky“ Coverage, lässt sich also schwer abschütteln. Er erkennt Routen und reagiert darauf schnell und effektiv. Bei der Übergabe und Übernahme von Receivern bei vielen Receivern auf seiner Seite zeigt sich seine Erfahrung ebenso wie in Zone Coverage. Hier hat er die klassischen „Zone Eyes“ und kann die Tendenzen des Quarterbacks gut lesen. Er benötigt noch technischen Feinschlifff, gerade was die Füße betrifft, war allerdings schon jetzt ziemlich effektiv.

#13 Die Safety-Klasse wird ja mal wieder nicht besonders euphorisch diskutiert – mit einer Ausnahme: Trevon Moehrig von TCU. Was macht ihn so gut?

Jonas Stärk: Trevon Moehrig ist extrem vielseitig und kann eigentlich jede mögliche Aufgabe als Safety erfüllen. Seine beste Rolle ist als Free Safety. Er ist intelligent, hat ein sehr gutes Spielverständnis und ist ein guter Athlet. Allerdings kann er auch in Man-Coverage im Slot helfen. So eine Flexibilität gibt seinem zukünftigen DC viele Möglichkeiten.

Jan Weckwerth: In kurz: ein extrem variables Skillset mit wenigen Schwächen und seine Spielzugerkennung. In lang: Moehrig ist ein technisch gut ausgebildeter Safety, der als alleiniger Centerfielder oder in split-field Coverages seine Stärken ausspielen kann. Er bewegt sich intelligent im Raum und hat dank seiner Antizipation eine gute Reichweite, obwohl er nicht der absolute Top-Athlet ist. Besonders beeindruckt hat mich seine für einen tiefen Safety ungewöhnlich gute Man Coverage, auch und gerade bei vertikalen Routes. Hierbei wird er nicht panisch, sondern dreht sich diszipliniert um und spielt den Ball.

Moehrig kommt aggressiv nach vorne und verhindert so Completions auf kürzere Routen. Er verfügt über exzellente Ballskills und kriegt öfter als jeder andere tiefe Safety noch eine Hand an den Ball oder vor den Receiver. Sein Tackling und seine Winkel zum Ballträger haben sich verbessert. Hier ist aber noch was rauszuholen. Für mich ein bombensicherer 1st rounder, der schnell starten wird.

#14 Der „Fliegenfänger“ Jamar Johnson ist seit seiner Interception gegen Justin Fields ein bekannter Name. Aber er hat keine 800 College-Snaps gespielt. Was zeichnet ihn so aus, dass er als möglicher Late 1st Rounder gehandelt wird?

Jan Weckwerth: So bekannt ist der Name gar nicht. Noch vor wenigen Wochen rangierte er auf beinahe allen Draft-Seiten unter ferner liefen. Ich bewerbe den schon seit vergangenem Sommer recht intensiv, weil ich seine Instinkte einfach wahnsinnig schätze. Er wurde 2020 vornehmlich als tiefer Safety eingesetzt, hat aus der Vorsaison allerdings auch Erfahrung als Slot-DB (in der Hoosiers-spezifischen HUSKY-Rolle). Johnson bringt nicht die beste Athletik mit, vor allem der Speed ist ein kleines Fragezeichen, aber er gleitet geradezu mit fantastischen Richtungsänderungen übers Feld. Mit seinem Verständnis von Routes und Coverages verleitet er gegnerische Quarterbacks zu falschen Entscheidungen, wie eben unter anderem auch Fields schmerzlich erfahren musste. Seine Plays auf den Ball sind von jeder Position aus beeindruckend. Als Passverteidiger könnte ich ihn mir insbesondere in einer NFL-Defense vorstellen, die viel in Cover-2 und Cover-4 agiert, so dass seine nicht ganz ideale Reichweite weniger ins Gewicht fällt.  An seinem Tackling muss Johnson allerdings dringend arbeiten. Ich glaube nicht, dass er in der späten ersten Runde geht, für die zweite ist er ein interessanter Kandidat.

Jonas Stärk: Sein größtes Plus ist trotz seiner geringen Erfahrung das Spielverständnis. Er hat ein gutes Gespür für die Entwicklung von Routen. Zudem spielt er sehr physisch gegen gegnerische Blocks. 1st Round Hype würde ich bei ihm aber für extrem übertrieben halten. Er ist kein außergewöhnlicher Athlet und hat somit nicht die Range, um alleine tief zu spielen. Außerdem hat er noch massive Probleme mit seiner Tackle-Technik.

#15 Der grundsolide Richard LeCounte von Georgia ist College-Fans aus zahlreichen großen Spielen bekannt, doch als Draft-Prospect sind die Reaktionen eher lauwarm. Warum?

Jan Weckwerth: Ich habe mich ein wenig gefreut, als ich diese Frage gelesen habe. Für mich waren LeCounte und sein ehemaliger Safety-Kollege J.R. Reed (nun L.A. Rams) der Goldstandard in punkto spielintelligentes Safety-Duo in den letzten Jahren. Zwei meiner absoluten College-Mancrushes. Leider projecten beide nicht so wahnsinnig gut für die NFL. Bei LeCounte springen die athletischen Limitationen ins Auge. Es bringt ja nichts, wenn man zwar immer weiß, wo man hin muss und was zu tun ist, aber dort nicht rechtzeitig ankommt. Zudem haben sich seine leicht überaggressiven Tendenzen im Tackling nicht entscheidend verbessert. Ich habe die leise Hoffnung, dass er für eine Art Cover-2 einen passablen Depth Player abgeben könnte, sehe aber schwarz, was mehr betrifft. Ich hoffe, dass er mich Lügen straft.

Jonas Stärk: Ich habe schlicht Probleme, für ihn eine praktikable NFL-Rolle abgesehen von einem Top-Special Teamer zu finden. Er ist nicht kräftig und physisch genug, um dauerhaft in der Box funktionieren zu können. Gleichzeitig ist er nicht annähernd athletisch genug, um tief zu spielen.

#16 Und zu guter Letzt: Dein Safety-Sleeper in diesem Draft?

Jan Weckwerth: James Wiggins von Cincinnati. Ich bin bekanntlich ein riesiger Fan der Bearcats-Defense, und Wiggins war dort ein entscheidender Baustein. Ohne seinen Kreuzbandriss 2019 und sein fortgeschrittenes Alter von bereits 24 Jahren würden wir wesentlich mehr von ihm hören. Sehr vielseitig, hat Erfahrung als Centerfielder, im Slot und in der Box. Kommt aus Off Coverage sehr entschlossen und mit großartigem Burst nach vorne. Hat als Centerfielder eine gute Reichweite zu den Seitenlinien, machte Plays in tiefer Zone und Man Coverage. Spielt jedes Play mit Top-Speed, der sich nach seiner Verletzung nicht verschlechtert hat. Seine unbändige Energie zeigt sich besonders im Tackling: Er verteilt harte Hits nahe der Line of Scrimmage und hat seine Tackling-Winkel deutlich verbessern können. Fällt vielleicht in den dritten Tag der Draft, aber spätestens da würde ich definitiv zugreifen. Aus meiner Sicht Potenzial zum Starter.

Jonas Stärk: Ar‘Darius Washington ist kein klassischer Sleeper in dem Sinne. Dennoch steht er mir bei vielen Analysten wegen seiner geringen Größe zu tief auf den Draft Boards. Er ist zwar nicht der Schnellste, sein Spielverständnis bringt ihm dennoch eine solide Range. Für mich hat kein Spieler in dieser Klasse so gute Instinkte wie Washington. Besonders in Split-Zone Defenses sollte er sofort starten können.

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Jan Weckwerth
College Football- und Draft-Veteran. Podcaster. Sportromantiker. Running game still matters.
Thomas Psaier
Football-Blogger seit 2010. Allesfresser in NFL und College Football.
Jonas Stärk
NFL- und Draft-Enthusiast, Podcaster; Im deutschen Football unterwegs als Spieler und Jugend-Coach der Bochum Rebels und als Schiedsrichter.

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