Aaron Rodgers wird MVP. Aaron Donald sollte der DPOY werden. Adams gegen Ramsey. Matt LaFleur gegen Brandon Staley. Kaum ein Match-Up kann man sich heißer vor stellen, als das der Packers Passing Offense gegen die Rams Passverteidigung. Garniert mit dem Duell zwischen Top-5-Run-Offense gegen Top-3-Run-Defense. Und über kaum etwas wurde mehr geschrieben, verständlicherweise. Nur wie sieht es anders herum aus? Los Angeles’ Headcoach Sean McVay gehört immer noch zur Crème de la Crème der Spielzugbauer der Liga. Die Packers haben sich in den letzten Jahren in der Defense aufwendig verstärkt. Wir werfen einen Blick auf die andere Seite des Feldes.
Das Quarterback-Dilemma: Fragezeichen im Passspiel
Jared Goff wird starten. Nachdem er letzte Woche den ausgeknockten John Wolford früh ersetzen musste, nur wenige Wochen nach seiner OP am Daumen der Wurfhand, lieferte er wenig ab. Wie auch in der regulären Saison zuvor. Sein Ersatz wäre Blake Bortles, den man noch vor 7 Tagen nicht in den Kader berief, Goffs Verletzung zum Trotz.
Wide Receiver Cooper Kupp hatte eine solide Saison, sein Einsatz ist aber fraglich. Herausragende Passempfänger sucht man bei den Rams vergeblich. Einzig Robert Woods’ Statistiken gleichen denen von Kupp fast 1:1 – was ein Problem werden könnte. Playmaker oder gar Stars fehlen L.A. im Receiving Corps.
Alexander und die Smith-Brüder als Goffs Alptraum
Auf Seiten Green Bays spielte Cornerback Jaire Alexander eine überragende Saison (PFF Rang #1). Darüber hinaus gab es aber in der Packers Secondary zu häufig inkonstante Leistungen. Kevin King hat sich peu à peu zum Sündenbock in Fankreisen gemausert. Die beiden Safeties Adrian Amos und Darnell Savage pendelten teils zwischen Genie und Wahnsinn. Dahinter wird die Rotation recht schnell dünn, wenn man überlegt, dass Sub-Packages (fünf oder sechs Defensive Backs) die neue Base Defense der NFL sind. Josh Jackson – ehemaliger Zweitrundenpick – sollte spätestens diese Saison seine Ansprüche auf einen zukünftigen Kaderplatz verspielt haben. Chandon Sullivan sah viele Snaps, viel mehr aus der Not denn leistungsbedingt.
Der Passrush, im letzten Jahr noch Prunkstück der Defense, baute ab. In Anbetracht der Pressure-to-Sack-Rate des Vorjahres war das wenig überraschend. Besonders Preston Smith blieb die Vorschusslorbeeren schuldig. Sein “Bruder” Za’Darius kam auf 12,5 Sacks, wirkte aber bei weitem nicht so dominant wie im Vorjahr.
Während ESPN die Packers an der Line of Scrimmage auf der offensiven Seite (wie ich finde überraschend klar) im Vorteil sieht, zeichnet sich auf der anderen Seite ein Duell auf Augenhöhe ab. DC Pettine war dieses Jahr noch weniger Blitz-freudig als eh und jeh. Durch einen Shut-Down-Corner in Jaire Alexander schaffte er es aber häufiger, dem gegnerischen QB seinen Go-to-Guy zu nehmen. Goff gehört trotz des QB-freundlichen Schemes McVays bezüglich der Zeit bis zum Wurf nur zum Mittelfeld der Liga.
Fassen wir zusammen: Das Passspiel der Rams ist mittelmäßig, ebenso wie Jared Goff. Die Passverteidigung Green Bays hat hingegen diese Saison einen Schritt nach vorne gemacht.
Run-Defense als Dosenöffner der Pass-Defense
Letztes Jahr wurden die Packers am Boden von den Niners zerlegt. Auch dieses Jahr setzte es in einem Spiel gegen die Vikings eine herbe Pleite, bei der Dalvin Cook für über 150 Yards lief. Bereits in der Preview auf die Saison wies ich auf die Probleme der Defense gegen den Lauf hin – sie schienen aber banal und nebensächlich. Und ich bleibe dabei: den Pass zu verteidigen ist wichtiger, als den Lauf zu stoppen.
Apropos banal: Eric Eager von PFF hat die Wirksamkeit eines guten Run Stuffing Interior Linemen für eine Defense genauer analysiert. Die Position wurde aus Analytics Sicht unterschätzt. Kurz zusammen gefasst: gute Laufverteidiger in der Mitte des Feldes ermöglichen dahinter weniger Defender in der Box – bei gleicher Effizienz wohlgemerkt – und somit mehr Variabilität in Coverage als auch beim Blitzing. Tatsächlich: die “Nerds” wissen um den Run und nehmen ihn ernst, wenn er es verdient.
Hence, interior defensive players who can stop the run improve overall defensive performance both directly and indirectly (…) in short, interior run defenders matter.
Eric Eager: pff.com/news/nfl-eager-why-interior-run-defenders-matter
Die Packers-Interpretation von “Run-D matters”
Hinter diesem Ansatz steht auch Packers-DC Mike Pettine. Mit Damon “Snacks” Harrison verpflichte man in Wisconsin einen der besten Laufverteidiger der letzten Jahre, der mit Kenny Clark zusammen die Mitte des Feldes für das Laufspiel abriegeln soll. Werden die Rams in lange zweite oder dritte Versuche gezwungen, passen sie den Ball weniger effizient als der Liga-Schnitt. Und der Gegner? Die Packers sind bei langen, späteren Downs aggressiv. Vor allem mit mehr als 10 Yards zu gehen sind sie außergewöhnlich gut in der Passverteidigung.


Das Ziel der Packers muss es sein, die Rams bei First Down bei einer ähnlichen Passquote zu halten wie es Seattle gelang (lediglich 40%, der geringste Wert in der Wildcard Runde). Über Snacks und Clark muss es gelingen, das Laufspiel einzudämmen. Hier waren die Rams gegen die Seahawks jedoch mit einer Success Rate von 50% zweitbestes Team der letzten Woche im ersten Versuch. Gelingt der Game-Plan, winkt in langen, späteren Downs Jared Goff mit neun Fingern als größte Gefahr für eine hungrige Packers-Passverteidigung.
Was kann da schon schief gehen?
Meine Sicht ist gefärbt: nichts wünsche ich mir heute Nacht sehnlicher als die Aussicht auf ein Championship Game in Wisconsin. Und bei aller Hochachtung vor der Defense der Rams bestimmt die Offense das Spielgeschehen. Das gilt jedoch in beide Richtungen: kommen die Rams gegen die Packers ins Rollen, wird das Linebacker-Corps bloß gestellt, zeigt Kupp seine vorhandene Klasse und schafft es McVay einen vermeintlich angeschlagenen Goff in Rhythmus zu bringen, kann Pettine nur hoffen, die Rams zu containen. Und LaFleur, Rodgers und Co. müssten dann liefern.
Ein Shootout? Unwahrscheinlich. Aber nicht unmöglich.